Oebelsmühle
Die Oebelsmühle ist eine denkmalgeschützte, ehemalige Getreidemühle am westlichen Stadtweiher in Lechenich. Hinter der Mühle verläuft der Lechenicher Mühlenbach und das Gelände geht in eine von Weiden, Hecken und vereinzelten Gehölzen bestandene Landschaft über, in der sich früher die erste Lechenicher Burg befand.
Name[Bearbeiten]
Der heute gebräuchliche Name der Mühle geht auf die Familie Oebel zurück, die in einer Generationenabfolge Mühle und Hof bewirtschaftete. Früher war die Mühle auch als Obere Mühle bekannt, in Abgrenzung zur ebenfalls am Mühlenbach gelegenen Unteren Mühle, die heute im Allgemeinen als Heinensmühle bezeichnet wird.
Geschichte[Bearbeiten]
Vom Mittelalter bis zur Säkularisation[Bearbeiten]
Die Mühle hat ihren Ursprung in mittelalterlicher Zeit und stand auf einem Gelände, das schon lange der Grundherrschaft der Kölner Kirche unterstand. Zum Zeitpunkt ihrer Ersterwähnung war sie im Besitz des Kölner Erzbischofs Siegfried von Westerburg.
1293 wird die erzbischöfliche Mühle als Obere Mühle in einem Verzeichnis der Einkünfte des Erzbischofs genannt, das den für diesen Zeitraum gültigen und vereinnahmten Pachterlös von 40 Malter Roggen angab.[1]
Im Lauf der Jahrhunderte wurde die Mühle wiederholt durch Krieg oder Stadtbrand zerstört (1642, 1689, 1722),[2] jedoch immer wieder aufgebaut. Laut vertraglicher Abmachung oblag es dabei dem jeweiligen Mühlenpächter, im Schadensfall den Wiederaufbau auf eigene Kosten vorzunehmen.[3] Einer Bittschrift um Pachtnachlass wurde in Härtefällen meistens von dem Grundherrn entsprochen. Bei außergewöhnlichen Unglücksfällen gab es für den Wiederaufbau der Mühle einen Zuschuss der kurfürstlichen Hofkammer.[4] Ab dem 18. Jahrhundert bestand die Pacht nicht mehr aus abgeführten Naturalien, die Mühlen wurden nun an den Meistbietenden gegen Geld verpachtet.[4]
Bis 1642 hatte nur ein Mühlenpächter sowohl die obere als auch die untere Mühle zur Pacht erhalten. Nach 1642 war die obere Mühle die einzige Getreidemühle, die untere Mühle wurde dann als Ölmühle bewirtschaftet.[3]
Die Pächter der Getreidemühle nahmen bis über das Ende des 18. Jahrhunderts hinaus die Rechte und Pflichten als Müller einer „Zwangsmühle“ wahr und verarbeiteten das Getreide der dem Lechenicher Mühlenbann unterliegenden Bauern.[5] Dieses 1158 eingeführte Gesetz zwang die Erzeuger, ihr Korn ausschließlich in einer bestimmten Mühle mahlen zu lassen. Für seine Arbeit und Kosten behielt der Müller einen Teil des Mahlgutes zurück.
Im Zuge der Säkularisation im Jahr 1802 erfolgte die Beschlagnahme von kirchlichen Besitztümern. 1804 wurden die Mühlengebäude, das Wohnhaus, die Wirtschaftsgebäude und eine inzwischen eingerichtete Brennerei verkauft.[6]
19. Jahrhundert[Bearbeiten]
Zu beginn des 19. Jahrhunderts liegen nur wenige Informationen über die Mühlenbetreiber vor. So soll 1820 eine Wassermühle, gelegen zu Lechenich, die als Stadtmühle bezeichnet wurde, verkauft oder verpachtet worden sein. Angeboten wurde in einer Offerte eine doppelte Mahlmühle, sowie eine Ölmühle nebst einer Wohnung, einer Scheune und Stallungen. Auch eine Brennerei wurde angeführt. Es wurde darauf hingewiesen, dass alles in Stein erbaut sei und von zugehörigen Gärten, Baumgärten, einigem Ackerland und Wiesen umgeben sei.
1827 wurde die in ihrer Beschreibung mit dem obigen Angebot identische Lechenicher Liegenschaft des Gutsbesitzers Johann Mathias Decker zum Verkauf angeboten. Sie wurde bewohnt und benutzt von Margarethe Decker, der Tochter der Eheleute Decker. Als Erstgebot wurde die Summe von 2 000 Talern angeführt.[7]
Der dann folgende Müller der „Stadtmühle“ war Benedikt Dünbier. Er stellte 1831 einen Antrag zur Errichtung eines zweiten Wasserrades, dem durch die Verwaltung stattgegeben wurde. Neben den üblichen Dienstleistungen einer Getreidemühle bot er auch landwirtschaftliche Produkte seines Hofes an. Überdies soll er, als Neuerung, noch im gleichen Jahr fein gemahlenen Gips offeriert haben.[8]
Um das Jahr 1860 erwarben Theodor Oebel und seine Frau Kunigunde das Lechenicher Mühlenanwesen. Von dem von 1896 bis 1900 von der Familie Oebel als „1.ter Müller“ neben anderen Kräften angestellten Müllermeister Wilhelm Salgert stammen ausführliche Angaben zur damaligen Mühle. Salgert beschrieb nicht nur dezidiert den Mühlenalltag, sondern berichtete auch über die vorhandenen technischen Einrichtungen und Abläufe in der Oebelsmühle.
Am Ende des 19. Jahrhunderts nutzte man, wahrscheinlich ergänzend, die neue Technik der Dampfkraft und wurde so unabhängig von den Schwankungen der Wasserstände des Mühlenbaches, die teils künstlich gedrosselt wurden, aber auch wetterbedingt auftraten. Als Antriebskraft nutzte man zu Anfang vorrangig die Kraft des Mühlenbachs durch ein großes, eisernes Wasserrad mit geschlossenem Kranz und Schaufeln. Es folgte später die 1881 entwickelte Technik einer durch einen Flammrohrkessel betriebenen, liegenden 45 PS Dampfmaschine, die zunächst als Reserveantrieb der Mühle eingesetzt wurde. Wasserrad und Dampfmaschine konnten gemeinsam die Hauptantriebswelle antreiben. Diese verlief durch das untere Geschoss der ganzen Mühle und verband mit schweren, breiten Riemen die Maschinen im ersten Stockwerk. Von da aus wurden in gleicher Art eine Antriebswelle des oberen Geschosses angetrieben und setzte so alle benötigten Maschinen mit Hilfe eines schaltbaren Getriebes in Bewegung.
Aus dieser Zeit stammt der erhaltene Restkamin aus Backstein des ehemals links der Mühlenanlage errichteten Maschinenhauses. Dieser Mühlentechnik folgte im weiteren Verlauf des vorigen Jahrhunderts ein Dieselantrieb.
20. Jahrhundert[Bearbeiten]
Nach dem Erhalt eines im November 1913 durch Victor Oebel ausgestellten guten Zeugnisses verließ der in der Firma Oebel tätige Müller Ludwig Heinen auf eigenen Wunsch den Betrieb. Er übernahm als selbstständiger Müller die „Untere Mühle“ in Lechenich, die dann allgemein „Heinensmühle“ genannt wurde.
Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Mühle 1948 an die Firma Auer in Köln verpachtet. Aufgrund der gestiegenen Hygieneansprüche erfolgten durch den Pächter diverse Investitionen, wie die einer neuen Reinigungsmaschine und weiterer Ausstattungen des Mühlenbetriebes. Dieser wurde nun speziell auf das Mahlen von Roggenschrot ausgerichtet. Den Dieselantrieb ersetzte eine weitaus effizientere und sauberere Elektrifizierung der Anlage.
Der letzte in der Oebelsmühle tätige Müller, Nikolowius, bewirtschaftete von 1960 bis 1972 für die Firma Auer die Lechenicher Mühle. Das in großen Mengen und in kurzen Zeitabständen von der „Rheinischen Waren-Zentrale Lechenich“ (heute das Areal einer Discounterkette) angelieferte Erntegut wurde zur Weiterverarbeitung in Getreidesilos gespeichert. Mit zwei Mitarbeitern verarbeitete sodann der Müller ein durchschnittliches Ernteaufkommen von 100 Tonnen Roggen. Wahrscheinlich waren damit die Kapazitäten der alten Mühle erschöpft, der Mühlenbetrieb wurde im Jahr 1972 aus Rentabilitätsgründen eingestellt.
Heutige Anlage[Bearbeiten]
Nach einigen Jahren Leerstand wurde die Oebelsmühle 1982 zunächst an die Stadt Erftstadt und im gleichen Jahr an Eberhard Gerstein verkauft, der sie in den folgenden Jahren sanierte und in eine private Wohnanlage umbaute[9].
Das Hauptgebäude der Oebelsmühle ist in seiner heutigen Bausubstanz Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden und, wie auch die Nebengebäude zur Straßenseite, durch aufgebrachte Stuckumrandungen verziert. Die Errichtung eines neuen Dachstuhles mit entsprechenden Dachziegeln, sowie die dann eingearbeiteten Dachgauben wurden im Rahmen der Sanierung in den 1980er Jahren vorgenommen.
Die Gesamtanlage des Anwesens bildet ein Karree, das einen gepflasterten Innenhof umschließt. Das äußere Mauerwerk der Gebäudeteile besteht aus naturbelassenem, rotbraunen Backstein. Der Innenhof ist überwiegend weiß gekalkt. An die Vorderfront des zweigeschossigen, in Ost-West-Richtung erbauten einstigen Haupt- und Wohngebäudes schließt sich zur Straßenseite ein großes Hoftor an. Das Tor verbindet das Haupthaus nach Norden mit dem zu einer Wohneinheit umgebauten ehemaligen Stallgebäude. Diesem schließt sich von der Straße nach Westen die ebenfalls zu einem weiteren Wohntrakt umgestaltete Scheune an.
An der rückwärtigen westlichen Seite des Anwesens entstand anstelle ehemaliger weiterer Nebengebäude der Wohnflügel des heutigen Besitzers, dessen Räumlichkeiten sich über mehrere Ebenen bis hin in die sich anschließenden Gebäudeteile des Haupthauses erstrecken. Dem rückwärtigen Teil des Haupthauses, das die in Teilen erhaltene Mühlentechnik birgt, schließt sich an der südlichen Gartenseite seit Beginn des 20. Jahrhunderts das nun umgestaltete Maschinenhaus an, dem ehemals ein die Gebäude hoch überragender Schornstein zur Seite stand. Der Stumpf des von einem Blitz zerstörten Kamins sowie Teilbereiche des Maschinenhauses sind erhalten. Einem in der neueren Zeit an der Südwestecke errichteten Getreidespeicher, der in seiner Höhe leicht über dem Dachfirst des Hauptgebäudes endet, wurde das obsolet gewordene Wasserrad geopfert.
Am 10. August 1982 wurde die Oebelsmühle unter der Nummer 005 in die Erftstädter Denkmalliste aufgenommen.
Bilder[Bearbeiten]
Lage[Bearbeiten]
Weblinks[Bearbeiten]
- Artikel Oebelsmühle. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie.
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Stommel, Quellen: Band I Nr. 178.
- ↑ Stommel, Quellen: Band IV Nr. 2551 und Band V Nr. 2855.
- ↑ 3,0 3,1 Stommel, Quellen: Band IV Nr. 2528.
- ↑ 4,0 4,1 Stommel, Quellen: Band V Nr. 2855.
- ↑ Stommel, Quellen: Band IV Nr. 2320.
- ↑ Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Roerdepartement Zentralverwaltung Domänenverkäufe Arrondissement Köln Kanton Lechenich Nr. 17351
- ↑ Susanne Sommer: Mühlen am Niederrhein. Bonn 1991, S. 330–331 Lechenich Nr. 5106–17
- ↑ Frank Kretzschmar: Mühlen, Bauten und versteckte Winkel im Rhein-Erft-Kreis. S. 83 f.
- ↑ Kleines Paradies hinter altem Gemäuer. In: rundschau-online.de. 6. September 2009.